Der heilige Neumärtyrer Kosmas von Aitolien (1714-1779) |
Thomas Zmija von Horjanyj
Der heilige Kosmas wurde im Jahre 1714 in der nordgriechischen Landschaft Aitolien geboren.
Sein Vater übte dort das Handwerk eines Webers aus.
Seine fromme Mutter, eine einfache Frau, erzog ihn, so gut sie konnte, im orthodoxen Glauben.
Aber schon als Kind musste der heilige Kosmas hart körperlich arbeiten.
Es war die Zeit der osmanischen Fremdherrschaft über Griechenland.
Als Christen waren die Griechen im muslimisch dominierten Staat der Osmanen Bürger zweiter Klasse und hatten viel unter der Willkür der islamischer Beamten und des türkischen Militärs zu leiden.
So wuchs der heilige Kosmas in einer Zeit großer Armut unter der einfachen griechischen Landbevölkerung, des weitverbreiteten Analphabetismus, der willkürlichen Gewaltanwendung durch muslimische Autoritäten und der allgemeinen Unsicherheit und Bedrängnis auf.
Der Islam osmanisch-türkischer Ausprägung erlaubte zwar offiziell das Bekenntnis zum christlichen Glauben und die Abhaltung der orthodoxen Gottesdienste, jedoch kam es immer wieder zu Gewaltausbrüchen fanatischer Muslime und zu, vor allem steuerrechtlich motivierten, Zwangsislamisierung ganzer Bevölkerungsgruppen wie der Pomaken.
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Wer einmal in einer der verschiedenen Ausgaben des Synaxarions die Lebensbeschreibungen der christlichen Neomärtyrer unter dem türkischen Joch nachliest, kann sich ein eindeutiges Bild über die damaligen Lebensumstände der Christen auf den Balkan, in Kleinasien und dem vorderen Orient machen.
Denn nicht erst seit dem ersten Weltkrieg waren das materielle Eigentum, die körperliche und sexuelle Unversehrtheit und oft auch das bloße Leben der christlichen Minderheiten im osmanischen Reich durch Pogrome und Übergriffe beständig bedroht.
Wegen der mangelhaften Schulbildung und dem Verbot der öffentlichen christlich-religiösen Unterweisung hatten viele orthodox Getaufte so gut wie keine Kenntnisse von ihrem christlichen Glauben.
Niemand hatte sie über die Inhalte des Glaubens belehrt.
Zwangsislamisierung |
Und so grenzt es eigentlich an ein Wunder,
dass der christlich- orthodoxe Glaube
bei den Balkanvölkern im Laufe
der 500-jährigen türkischen Herrschaft
nicht vollkommen verschwand.
Neben der verarmten und unwissenden christlich-orthodoxen Landbevölkerung gab es jedoch in Konstantinopel auch eine sehr reiche Schicht griechischer Reeder- und Großkaufleute, die im Phanarviertel rund um das Ökumenische Patriarchat herum ansässig war.
Von diesen Familien, die sich oft ihrer Abkunft von den byzantinischen Kaiser- und Adelsfamilien rühmten, wurden die, am osmanischen Hof üblicherweise von Christen wahrgenommenen, Positionen besetzt.
So war die Ämter der Dragomane, der diplomatischen Dolmetscher bei der Hohen Pforte, gewisse Stellen in der osmanischen Flotte und die Würde der Titularfürsten in den rumänischen Donaufürstentümern im 16. bis 18. Jahrhundert fest in der Hand der „Phanarioten".
Sie verfügten durchaus über beträchtlichen politischen Einfluss und gehörten zum osmanischen Establishment. In der Regel waren diese „Phanarioten" nicht am Schicksal der einfachen orthodoxen Christen im osmanischen Reich interessiert, ja sie verachteten die einfache christlich-orthodoxe Landbevölkerung.
Ihre Interessen galten rein dem eigenen politischen und finanziellen Fortkommen. Da sie auch maßgeblichen Einfluss auf die Besetzung des Ökumenischen Thrones in Konstantinopel und die der anderen orthodoxen Bischofsstühlen im osmanischen Reich ausübten, konnten sie ihre politischen und finanziellen Eigeninteressen bis in die Verwaltung der Orthodoxen Kirche hinein durchsetzen.
Der britische Kirchenhistoriker Steven Runciman hat deshalb das Zeitalter des 16. bis 18. Jahrhunderts treffend als die Zeit der „babylonische Gefangenschaft" der Orthodoxen Kirche bezeichnet, in der Simonie (Ämterkauf) und Nepotismus (Vetternwirtschaft) die kirchliche Situation nachhaltig prägten.
Der heilige Kosmas lernte bei einem Protodiakon lesen und schreiben und arbeite später zunächst selber als Elementarlehrer.
Nach einiger Zeit aber ging Kosmas dann auf den Heiligen Berg.
Auf dem Athos besuchte er eine kirchlich-theologische Schule und wurde dann zuerst Mönch und später Priestermönch im Kloster Philotheou.
Nachdem er einige Zeit als Mönch auf dem heiligen Berg gelebt und sich im geistlichen Leben geübt hatte, rührte Gott jedoch das Herz des heiligen Kosmas an.
Er erkannte die tiefe, vor allem spirituelle Not seiner orthodoxen Mitchristen und so begann Kosmas sich der innerorthodoxen Mission in Griechenland und dem orthodox geprägten Südalbanien zu widmen. Überall herrschte ein großer Mangel an Kirchen.
Es gab nur wenige Priester, so dass viele bis ins Erwachsenenalter hinein ungetauft blieben.
Der Mönchspriester Kosmas erhielt vom Ökumenischen Patriarchen den Segen zu reisen, zu predigen und so den orthodoxen Glauben unter den meist religiös Unwissenden zu verkünden.
Ausgestattet mit einem Sendschreiben des Ökumenischen Patriarchen, dessen Autorität in Bezug auf die Belange der orthodoxen Christen auch von den osmanischen Behörden und ihren Beamten grundsätzlich respektiert wurde, konnte er zunächst ungehindert unter der christlichen Bevölkerung arbeiten.
So bereiste der heilige Kosmas auf ausgedehnten Missionsreisen ganz Griechenland und seine Inseln, aber auch das von orthodoxen albanischen und griechischen Christen bewohnte Südalbanien.
In den 25 Jahren seines unermüdlichen Wirkens gründete er über 200 Schulen,
stifte viele caritative Vereinigungen und ließ eine
Vielzahl einfacher Landkirchen errichten.
Nach dem Vorbild des heiligen Apostels Paulus reiste Kosmas reiste entweder zu Fuß, oder mit Hilfe von Reiteseln oder auch auf Schiffen.
Wenn er in ein Dorf kam, bat er die Dorfbewohner ein großes Holzkreuz auf dem Dorfplatz zu errichten.
Dann stieg er auf einen Schemel neben dem Kreuz und predigte zu den Dorfbewohnern über den orthodoxen Glauben.
Während dieser Volksmissionen ereigneten sich, auf die Gebete des heiligen Kosmas hin, oftmals Wunder, mit denen Gott das glaubensschwache Volk aufbauen und stärken wollte.
Auch die Muslime waren von den Wundern Gottes, die auf das Gebet des heiligen Kosmas hin geschahen, tief beeindruckt. Sie betrachteten ihn als einen Mann Gottes und behandelten ihn mit Respekt.
Der heilige Kosmas trat stets kompromisslos für den heiligen orthodoxen Glauben und seine konkrete Aktualisierung im Leben der Gläubigen ein.
So tadelte er auf Korfu die dortigen Notabeln, die sich wegen der venezianischen Herrschaft über die Insel für die Übernahme zeitgenössischer italienischer Bräuche durch die dortige orthodoxe Bevölkerung einsetzten.
Insofern ist das Beispiel des heiligen Kosmas auch für die Orthodoxen, die im heutigen Deutschland ihren Lebensmittelpunkt, oder auch ihre neue Heimat gefunden haben von Bedeutung.
Denn es gibt einen feinen, aber unbedingt beachtenswerten Unterschied zwischen der notwendigen
Akkulturation der Orthodoxie an die deutschen Sprache, sowie die hiesige Kultur und Mentalität, die, wenn wir die missionarische Dimension der Orthodoxie als der wahren Kirche Christi wirklich ernst nehmen wollen, unverzichtbar ist, und der Anbiederung an die wechselnden Forderungen und Postulate des Zeitgeistes, der uns permanent zum Abfall von unserer christlich-orthodoxen Spiritualität und Tradition als dem wahrhaften Kern unseres Lebens verführen will.
Ein Rückzug in ein ethnisch-kulturelles Ghetto wird uns vor diesem Konflikt ebenso wenig bewahren können, wie ein naiver Modernismus, der den christlichen Stachel im Fleisch einer im Grunde nicht religiösen Gesellschaft möglichst entschärfen oder wegerklären will.
Dass die Bereitschaft, uns auf die Seite der Gebote Christi zu stellen, unser Kreuz auf uns zu nehmen und dem Herrn nach zu folgen uns etwas kosten wird, können wir am weiteren Lebensweg des heiligen Kosmas deutlich erkennen.
Denn als Heilige die Christen in Epirus, einer Landschaft, die im heutigen Nordgriechenland und Südalbanien liegt, dazu bewegen konnte, ihre Wochenmärkte nicht mehr am Sonntag, an dem die Christen der Auferstehung ihres Herrn und Erlösers Jesus Christus mit der Feier der Göttlichen Liturgie und in Arbeitsruhe gedenken abzuhalten, sondern diese auf den Vortag zu verlegen, geriet der heilige Kosmas sofort in einen schweren Konflikt mit den in dieser Gegend sehr einflussreichen, jüdischen Kaufleuten.
Diese waren durch das mosaischen Gesetzes zur Sabbatheiligung und damit zur Arbeitsruhe verpflichtet.
Die Verlegung des Marktages bedeutete für sie deshalb empfindliche finanzielle Einbußen.
Da die Christen bisher bereitwillig und wie selbstverständlich ihren Feiertag entheiligt hatten, wurde Kosmas vor allem als Störfaktor des sozialen und wirtschaftlichen Miteinanders empfunden.
Schnell wurden Intrigen gesponnen, Verleumdungen gesät und schließlich gelang es den Wortführern dieser Händlerclique, den heiligen Kosmas bei den lokalen osmanischen Autoritäten der Konspiration mit Venedig und anderen christlich-westlichen Mächten zu beschuldigen.
Seit dem 16. Jahrhundert befand sich das osmanische Reich militärisch zunehmen in der Defensive.
Die christlichen Mittelmeermächte konnten mit diesem überraschenden Sieg, den sie dem Beistand der allheiligen Gottesgebärerin zuschrieben, die jahrhundertelange Seeherrschaft der Osmanen im Mittelmeer brechen.
Auch an Land war die osmanische Militärdominanz beständig im Schwinden begriffen.
Die wichtigsten Gegner der Osmanen waren die Republik Venedig, die Habsburgermonarchie und Polen-Litauen.
Ab dem späten 17. Jahrhundert kam als Gegner dann zunehmend auch das Russische Kaiserreich hinzu.
Mit der Schlacht von Peterwardein wurde das Königreich Ungarn endgültig von den Osmanen befreit. In den sogenannten Türkenkriegen unter dem österreichischen Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen wurde Belgrad und Teile Serbiens zeitweise vom türkischen Joch befreit.
Durch die Erfolge der Habsburger ermutigt, erhob sich mit den Serben auch das erste christlich-orthodoxe Balkanvolk gegen die muslimische Fremdherrschaft.
Wenn der erste serbische Aufstand auch scheiterte, setzte er dennoch ein starkes Signal für alle orthodoxen Balkanvölker:
Die Oberherrschaft der muslimischen Osmanen ist weder unveränderbar noch gottgewollt! Entsprechend nervös reagierten die türkischen Eliten an der Adriaküste auf den Vorwurf,
Kosmas würde mit den christlichen Mächten Westeuropas zusammenarbeiten und bereite mit seiner Predigttätigkeit einen Aufstand der christlich-orthodoxen Bevölkerung in Epirus vor.
Neben der oben geschilderten militärischen Defensivposition der Osmanen war die politisch motivierte Bestechung durch die jüdischen Kaufleute ein wesentlicher Faktor für die Härte des Urteils.
Im August 1779 verurteilten die osmanischen Amtsautoritäten in Südalbanien den heiligen Kosmas zum Tod durch erhängen.
Zur Bewertung dieses Justizmordes aus heutiger Sicht möchte ich ausdrücklich zu bedenken geben, dass Mord oder Justizmord weder durch die christliche, noch durch die jüdische Religionslehre in irgendeiner Weise gerechtfertigt wird.
Thora und Talmud sind in dieser Frage ebenso eindeutig, wie es auch das heilige Evangelium ist.
Aber im 18. Jahrhundert gehörten sowohl politisch motivierte Bestechung, als auch die Ausschaltung politischer und religiöser Gegner durch Mord oder Intrige zum gebräuchlichen diplomatischpolitischen Arsenal.
Im Verkehr mit der Hohen Pforte bedienten sich sowohl die evangelischen und katholischen Gesandten der westeuropäischen christlichen Mächte, als auch die orthodoxen Diplomaten aus den halbautonomen rumänischen Donaufürstentümer und Russland regelmäßig erfolgreich dieses politisch so wirksamen Instrumentariums.
Das Schicksal des walachischen Fürsten Constantin Brancoveanu, der im Jahre 1714 mitsamt seinen vier Söhnen und seinem Schwiegersohn von den Türken hingerichtet wurde, spricht dabei eine deutliche Sprache.
Die heiligen Märtyrerfürsten Brâncoveanu hatten es dabei vorgezogen,
eher den Märtyrertod zu erleiden,
als ihren christlichorthodoxen Glauben zu verraten und zum Islam überzutreten.
Der heilige Kosmas erwarte seine Hinrichtung mit großer Gelassenheit,
denn in christlich-orthodoxer Haltung
war für ihn dieses irdische Leben nur
ein Tor des Übergangs hin in die ewige Herrlichkeit bei Gott.
Auch wünschte er mit seinem heiligen Martyrium die Siegespalme Christi und das ewige Leben bei Ihm und der Gemeinschaft Seiner Heiligen zu empfangen.
So folgte er bereitwillig und ohne physischen Widerstand, als seine Henker ihn zur Hinrichtung führten. Vor seiner Hinrichtung bekreuzigte sich der Heilige zunächst selbst und segnete dann auch den Erdkreis und alle Anwesenden mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes.
Danach ließ er ohne Widerstand seine Ermordung zu.
Nachdem der heilige Kosmas seine Seele in die Hände seines Schöpfers und Erlösers zurückgegeben hatte, warfen die Mörder seinen heiligen Leib in einen nahen Fluss.
Nach einiger Zeit wurde die Reliquie jedoch von den gläubigen Christen der Region geborgen und in der orthodoxen Kirche des Dorfes Kolikontasi beigesetzt.
Im albanischen Dorf Kolikontasi im Norden der historischen Landschaft Epirus, in der alten orthodoxen Kirche zu Ehren der Einführung der allheiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria in den Tempel befindet sich das Grab des heiligen Neomärtyrers Kosmas von Aitolien, des Apostelgleichen.
Heute ist das orthodoxe Kloster, in dessen Mittelpunkt die Kirche liegt, seinem Patrozinium geweiht.
Die Reliquien des heiligen Kosmas befinden sich heute in der erzbischöflichen Kathedrale von Tirana.
Das Haupt des heiligen Kosmas wurde während des Ersten Weltkriegs entwendet und befindet sich bis heute in einem Wiener Museum.
Der heilige Kosmas wird heute von den griechischen und albanischen Orthodoxen als Apostelgleicher hoch verehrt.
Durch sein unermüdliches missionarisches Wirken hat er die die religiöskirchliche, aber bei den Griechen auch ihre kulturelle, Wiedergeburt vorbereitet und gefördert.
Durch sein leuchtendes Beispiel wurde er zu einer wahrhaften Ikone Christi, zum „Christophoros" (Christusträger), der mit der Ganzhingabe seines Lebens Christus auch als Märtyrer bekannt und verherrlicht hat. Sein kirchlichspirituelles und caritatives Wirken ist bis in unsere Tage bei den griechischen und albanischen orthodoxen Christen unvergessen geblieben. Viele Pilger besuchen bis heute sein Grab im Kloster in Kolikontasi oder seine heiligen Reliquien in der orthodoxen Kathedrale von Tirana.
Das Kloster des heiligen Kosmas von Aitolien im albanischen Dorf Kolikontasi |
Der heilige Kosmas ist bis heute der große gemeinsame Fürsprecher für die christlich-orthodoxen Gläubigen in Griechenland und Albanien geblieben, die sich heutzutage zunehmend gemeinsam mit der großen materiellen und spirituellen Not vieler Menschen in ihren jeweiligen Gesellschaften konfrontiert sehen. Aber auch bei uns im so reichen Deutschland gibt es immer mehr arme Menschen. Wer hinhören und hinsehen will und wer sein Herz nicht egoistisch verschließt, erfährt davon beinahe an jeden Abend aus den Berichten im Fernsehen. Vor allem aber die spirituelle Not durch den Unglauben wächst beständig in unserem Land. Möge der heilige Kosmas uns deshalb alle segnen und uns helfen! Amen.
Sein Festtag wird in der orthodoxen Kirche am 24. August gefeiert.
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