Unerhört
vielgestaltig, permanent von Kriegen erschüttert und doch eine Blütezeit des
Geistes - der Hellenismus war eine Epoche der Widersprüche.
Aber die
griechische Weltkultur blieb stärker als alle politischen Gegensätze.
Die Bilder und die Textformatierungen sind unsere Auswahl (Yauna),
und nicht im Text enthalten.
Die Bilder und die Textformatierungen sind unsere Auswahl (Yauna),
und nicht im Text enthalten.
Um das Jahr 208 v. Chr. kam die Volksversammlung der Stadt
Magnesia auf eine Idee, die ein heutiger Senator für Tourismus ziemlich
verwegen finden würde:
Die mittelgroße Polis am Fluss
Mäander in Kleinasien nahm sich vor,
ein Fest mit Wettkämpfen für alle Griechen auszurichten,
das allen Ernstes den ehrwürdigen Spielen von Olympia
Konkurrenz machen sollte.
ein Fest mit Wettkämpfen für alle Griechen auszurichten,
das allen Ernstes den ehrwürdigen Spielen von Olympia
Konkurrenz machen sollte.
Gesandtschaften wurden ausgeschickt, die für das Projekt werben
sollten-
und sie hatten
Erfolg:
Gut 150 Staaten rund um das Mittelmeer, von Syrakus auf Sizilien bis nach Antiochia im heutigen Iran, erklärten sich bereit, an diesen „Magnesischen Spielen" teilzunehmen, die zu Ehren der Stadtgöttin „Leukophryena" genannt wurden.
Gut 150 Staaten rund um das Mittelmeer, von Syrakus auf Sizilien bis nach Antiochia im heutigen Iran, erklärten sich bereit, an diesen „Magnesischen Spielen" teilzunehmen, die zu Ehren der Stadtgöttin „Leukophryena" genannt wurden.
Der eigenartige Vorgang ist typisch für die Epoche,
die heute Hellenismus heißt Nicht nur rings um das Mittelmeer, an der Küste des
Schwarzen Meers, in Sizilien und Unteritalien, sondern auch im Vorderen Orient,
in Ägypten, ja bis hin nach Afghanistan lebten Menschen, die sich als Griechen
verstanden und auf ihren geistigen Zusammenhalt Wert legten:
eine Art Weltkultur zwei Jahrtausende vor dem Beginn der modernen Globalisierung.
Städte griechischer Prägung zogen sich wie ein Netz über ungeheure Räume, deren Bevölkerung mehrheitlich aus Nichtgriechen bestand, jedenfalls außerhalb des griechischen Mutterlandes.
eine Art Weltkultur zwei Jahrtausende vor dem Beginn der modernen Globalisierung.
Städte griechischer Prägung zogen sich wie ein Netz über ungeheure Räume, deren Bevölkerung mehrheitlich aus Nichtgriechen bestand, jedenfalls außerhalb des griechischen Mutterlandes.
Im Prinzip galt noch immer, dass diejenigen, die
keine Griechen waren, eben Barbaren seien und folglich minderwertig.
Das war etwas anderes als Rassismus:
Als Grieche wurde im Hellenismus jeder angesehen, der sich wie ein Grieche ausdrückte und verhielt.
Söldner und Händler, Gelehrte und Ärzte, Sportler und Künstler pflegten so auch über große Distanzen hinweg einen erstaunlich regen Austausch.
Gemeinsame Denk- und Lebensformen, der Götterkult und vor allem die Sprache waren Bindemittel dieser überregionalen Identität.
Das war etwas anderes als Rassismus:
Als Grieche wurde im Hellenismus jeder angesehen, der sich wie ein Grieche ausdrückte und verhielt.
Söldner und Händler, Gelehrte und Ärzte, Sportler und Künstler pflegten so auch über große Distanzen hinweg einen erstaunlich regen Austausch.
Gemeinsame Denk- und Lebensformen, der Götterkult und vor allem die Sprache waren Bindemittel dieser überregionalen Identität.
Seit Alexander der Große in wenigen Jahren bis an
die Grenze Indiens vorgestoßen war, hatte sich der geografische Horizont der
Griechen ungeheuer erweitert.
Plötzlich waren Länder und Kulturen im Gespräch, von denen zuvor kaum einer Näheres gewusst hatte.
Geografie und Völkerkunde blühten - fast immer auf Griechisch.
Denn die Sprache, die einem Kaufmann sofort in jedem größeren Hafen Kontakt verschaffte, war zugleich als Inbegriff geistigen Wertes dermaßen anerkannt, dass selbst die Angehörigen nicht-griechischer Völker sie verwendeten, um ihren eigenen Traditionen Ausdruck zu verleihen.
Plötzlich waren Länder und Kulturen im Gespräch, von denen zuvor kaum einer Näheres gewusst hatte.
Geografie und Völkerkunde blühten - fast immer auf Griechisch.
Denn die Sprache, die einem Kaufmann sofort in jedem größeren Hafen Kontakt verschaffte, war zugleich als Inbegriff geistigen Wertes dermaßen anerkannt, dass selbst die Angehörigen nicht-griechischer Völker sie verwendeten, um ihren eigenen Traditionen Ausdruck zu verleihen.
So erzählte ein ägyptischer Priester namens Manetho
nun die Geschichte seines Landes auf Griechisch, und ein babylonischer
Priester namens Berossos tat dasselbe für Babylonien.
Im 3. Jahrhundert begannen Juden, die sich die griechische Bildung angeeignet hatten, ihre eigenen Werke auf Griechisch zu verfassen, und bald wurden auch die Bücher des Moses von jüdischen Gelehrten, die im ägyptischen Alexandria lebten, ins Griechische übersetzt.
Im 3. Jahrhundert begannen Juden, die sich die griechische Bildung angeeignet hatten, ihre eigenen Werke auf Griechisch zu verfassen, und bald wurden auch die Bücher des Moses von jüdischen Gelehrten, die im ägyptischen Alexandria lebten, ins Griechische übersetzt.
Die Hafenmetropole Alexandria bot Wissenschaftlern
ohnehin ein Forschungszentrum, wie es die Griechen bis dahin nicht gekannt
hatten:
das Museion mit seiner Bibliothek.
Hier wirkten erstrangige Gelehrte auf fast allen Wissensgebieten; sie gaben bedeutende Werke der griechischen Literatur in überprüften Fassungen heraus, kommentierten sie und verfassten selbst hochartifizielle Dichtungen.
das Museion mit seiner Bibliothek.
Hier wirkten erstrangige Gelehrte auf fast allen Wissensgebieten; sie gaben bedeutende Werke der griechischen Literatur in überprüften Fassungen heraus, kommentierten sie und verfassten selbst hochartifizielle Dichtungen.
Aber auch in den exakten Wissenschaften
war Alexandria im 3. Jahrhundert vielfach führend: Der Universalgelehrte
Eratosthenes berechnete ziemlich genau den Umfang der Erdballs, und der
Astronom Aristarch provozierte seine Zeitgenossen durch die Hypothese, dass
diese Kugel um die Sonne kreise.
Der in Alexandria tätige Mediziner Herophilos sezierte gar zum Tode verurteilte Gefangene bei lebendigem Leibe und
entdeckte auf diese Art die Netzhaut und den Zwölffingerdarm.
Sich weit entfernt von Hellas heimisch zu fühlen,
wurde den Griechen dadurch wesentlich erleichtert, dass sie keinerlei
Vorbehalte gegenüber fremden Göttern kannten; fast immer reichte ein neuer Name
aus, um einen nichthellenischen Kult einzugemeinden.
Einige dieser Gottheiten wurden im Hellenismus derart populär, dass sie sich auch im einstigen griechischen Kernland ausbreiteten, wie etwa die ägyptischen Götter Isis und Sarapis. Die neuen Kulte bereicherten die religiöse Erfahrungswelt der Griechen, ohne den traditionellen Götterfundus der Polis zu verdrängen.
Einige dieser Gottheiten wurden im Hellenismus derart populär, dass sie sich auch im einstigen griechischen Kernland ausbreiteten, wie etwa die ägyptischen Götter Isis und Sarapis. Die neuen Kulte bereicherten die religiöse Erfahrungswelt der Griechen, ohne den traditionellen Götterfundus der Polis zu verdrängen.
Auf geistlich-geistigem Gebiet gab es überhaupt
eine Auswahl, wie die Menschheitsgeschichte sie vor dem Beginn der Moderne
kaum je erlebt hat:
Gehörten doch zur Weltkultur des Hellenismus auch neue philosophische Systeme, eigenartigerweise vor allem solche, die den Einzelnen vom Gemeinwesen unabhängig zu machen versprachen.
So lehrten die Epikureer, sich von der Politik fernzuhalten und das Glück in maßvollem Genuss zu suchen, während die Kyniker das Glück in der Bedürfnislosigkeit sahen; die Stoiker wollten gegen Schicksalsschläge immunisieren, indem sie die Wertlosigkeit aller äußerlichen Dinge aufwiesen.
Gehörten doch zur Weltkultur des Hellenismus auch neue philosophische Systeme, eigenartigerweise vor allem solche, die den Einzelnen vom Gemeinwesen unabhängig zu machen versprachen.
So lehrten die Epikureer, sich von der Politik fernzuhalten und das Glück in maßvollem Genuss zu suchen, während die Kyniker das Glück in der Bedürfnislosigkeit sahen; die Stoiker wollten gegen Schicksalsschläge immunisieren, indem sie die Wertlosigkeit aller äußerlichen Dinge aufwiesen.
Aber wie sah die politische Außenwelt, in der
hellenistische Griechen lebten, eigentlich aus?
Die Antwort hängt erstaunlich stark davon ab, welchen Blickpunkt man wählt. Aus großer Höhe betrachtet, scheinen die einst tonangebenden Stadtstaaten zunächst fast völlig zu verschwinden. Bald nach Alexanders Tod war sein immenses Herrschaftsgebiet in mehrere kleinere Reiche zerfallen, wo ehemalige Generäle des Königs mit absoluter Machtvollkommenheit regierten.
Diese „Diadochen" (Nachfolger) führten unablässig Krieg gegeneinander; nur einige, die sich behaupten konnten, vermochten Dynastien zu begründen.
Die Antwort hängt erstaunlich stark davon ab, welchen Blickpunkt man wählt. Aus großer Höhe betrachtet, scheinen die einst tonangebenden Stadtstaaten zunächst fast völlig zu verschwinden. Bald nach Alexanders Tod war sein immenses Herrschaftsgebiet in mehrere kleinere Reiche zerfallen, wo ehemalige Generäle des Königs mit absoluter Machtvollkommenheit regierten.
Diese „Diadochen" (Nachfolger) führten unablässig Krieg gegeneinander; nur einige, die sich behaupten konnten, vermochten Dynastien zu begründen.
Zu den wichtigsten dieser großen Herrscherhäuser
gehörten die Ptolemäer, die im Kraftfeld der Mächte von Ägypten aus bis weit an
die Küsten Kleinasiens und der Ägäis hin vordrangen.
Die Könige und Königinnen dieser Dynastie - die nach ihrem Begründer, einem Leibwächter Alexanders mit Namen Ptolemaios, Sohn des Lagos, benannt ist - residierten in ebenjenem von Alexander selbst gegründeten Alexandria, das als größte Stadt der hellenistischen Welt, als Handelszentrum wie auch als Mekka der Wissenschaft von königlichen Gnaden bis heute legendär geblieben ist.
Die Könige und Königinnen dieser Dynastie - die nach ihrem Begründer, einem Leibwächter Alexanders mit Namen Ptolemaios, Sohn des Lagos, benannt ist - residierten in ebenjenem von Alexander selbst gegründeten Alexandria, das als größte Stadt der hellenistischen Welt, als Handelszentrum wie auch als Mekka der Wissenschaft von königlichen Gnaden bis heute legendär geblieben ist.
Anfangs stand den Ptolemäern in nahezu
übermächtiger Ausdehnung das Reich der Seleukiden gegenüber:
Unter seinem
Gründer Seleukos, der ebenfalls zu Alexanders Leibwächtern gehört hatte,
erstreckte es sich von der heutigen Türkei bis nach Afghanistan.
Gerade die enormen Entfernungen erwiesen sich jedoch bald als gravierendes Handicap, zumal, da sich im 3. Jahrhundert auch noch von Osten her ein gefährlicher Feind bemerkbar machte: das Reitervolk der Parther.
Seleukos |
Gerade die enormen Entfernungen erwiesen sich jedoch bald als gravierendes Handicap, zumal, da sich im 3. Jahrhundert auch noch von Osten her ein gefährlicher Feind bemerkbar machte: das Reitervolk der Parther.
Die Seleukiden-Herrscher, die in den
verschiedensten Ecken ihres Herrschaftsbereiches zugleich für Ordnung hätten
sorgen müssen, bekamen zu spüren, dass Menschen, Güter und Wissen auf dem
Landweg zu transportieren langsam und teuer war. Aus diesem Grund nutzten sie
abwechselnd mehrere, weit voneinander entfernte Residenzen; erst als ihr Reich
am Ende des 2.
Jahrhunderts
auf den syrischen Raum zusammengeschrumpft war, wurde Antiochia am Orontes (das
heutige Antakya nahe der türkisch-syrischen Grenze) zur alleinigen Hauptstadt.
Als Erben der Macht in Alexanders Heimat Makedonien
durften sich die Antigoniden fühlen, die ihren Namen einem General Alexanders,
Antigonos „dem Einäugigen", verdankten. Doch mit Ptolemäern und Seleukiden
konnte diese Dynastie nicht wirklich mithalten: Immer wieder trat den
Antigoniden, sobald sie nach Hellas selbst vordrangen, energischer Widerstand
entgegen.
An der kleinasiatischeri Gegenküste vollzog sich
derweil der Aufstieg der Attaliden. Sie hatten als Burgkommandanten von
Pergamon (heute Bergama) angefangen, sich dann aber aus der Botmäßigkeit gegenüber
den Seleukiden befreit und selbständig gemacht. Nach spektakulären Siegen über
Kelten, die in Kleinasien eingefallen waren - ihre Nachfahren heißen im Neuen
Testament Galater -, konnten die einstigen Parvenus um 239/238 den Königstitel annehmen
und überall stolz verkünden, dass sie von Herakles abstammten.
Den Durchbruch
in die erste Reihe der hellenistischen Mächte schafften sie freilich nur mit
römischer Hilfe: Als der Senat ihnen 188 für die Hilfe im Krieg gegen den
Seleukiden Antiochos III. großzügig Gebiete zuwies, wurde das Attaliden-Reich
zum wichtigen Bündnispartner im Osten.
In dieser Zeit verwandelte sich die Hauptstadt
Pergamon in eine Vorzeigeresidenz voller prächtiger Bauten.
Um den dorischen Athena-Tempel, der überreich mit feinsten Skulpturen geschmückt war, zogen sich bald zweistöckige Säulenhallen aus Marmor; hinter einer dieser schimmernden Fassaden stand Gelehrten die zweitgrößte Bibliothek der antiken Welt offen.
Um den dorischen Athena-Tempel, der überreich mit feinsten Skulpturen geschmückt war, zogen sich bald zweistöckige Säulenhallen aus Marmor; hinter einer dieser schimmernden Fassaden stand Gelehrten die zweitgrößte Bibliothek der antiken Welt offen.
Ein
besonderer ästhetischer Höhepunkt war der gewaltige Altar für Zeus und Athene
mit seinem 2,30 Meter hohen wildbewegten Figurenfries, der berühmte
Pergamon-Altar, dessen gewaltige Überbleibsel heute in Berlin zu sehen sind.
Königspaläste, zwei Gymnasien, ein Theater mit 10000 Plätzen und viele weitere
Paradebauten machten das Hochplateau der Akropolis (Oberstadt) und die
darunterliegende, nicht weniger sorgsam geplante Stadt zur Attraktion für jeden
Reisenden.
Die Pracht sollte auch politisch deutliche Zeichen
setzen. Schließlich gab es für die Staatsform der Ptolemäer, Seleukiden,
Antigoniden und Attaliden in der Geschichte der Griechen kaum Vorbilder.
Hellenistische Könige regierten nicht im Rahmen einer vorgegebenen Ordnung,
sondern verstanden sich als absolute Monarchen; sie nannten sich nicht nach
einem Land oder Volk und handelten stets autonom. Gewöhnlich trug auch ihr
Reich keinen eigenen Namen; was dem Herrscher gehörte, hieß in Urkunden
schlicht „Angelegenheiten des Königs".
Natürlich brauchten die Regenten stets Helfer, um
ihre Macht ausüben zu können. Hohe Posten am Hof, in der Verwaltung und im
Militär wurden meist mit Makedonen und Griechen besetzt - der Unterschied
spielte inzwischen keine Rolle mehr. Für die unteren und mittleren Ränge aber
kamen durchaus auch Nichtgriechen in Frage. Hinzu traten angeworbene Söldner
und Einheimische, die in eigenen Einheiten kämpften. Königliche Heere waren
also sehr „bunt"; nur Kriegerehre und die Treue zu ihrem Dienstherrn
hielten sie zusammen. Ähnlich sah es im Beamtenapparat aus.
Doch ob strenger Zentralismus herrschte (wie in
Ägypten) oder örtliche Gewalten das Leben eher dezentral organisierten: Am Hof
des Königs lief alles zusammen. Seine Familie und seine „Freunde" bildeten
den Kern der Hofgesellschaft; im Kreise dieser „Freunde" verbrachte der
König den Tag, mit ihnen hielt er Rat, bevor er Entscheidungen fällte. Die
Rechtmäßigkeit seines Regimes konnte er letztlich nur durch Siege und
persönliche Tapferkeit beweisen - mehr als die Hälfte der Seleukiden fiel auf
dem Schlachtfeld. Auch die kultische Verehrung der herrschenden Dynastie oder
gar des Regenten selbst, wie Ptolemäer und Seleukiden sie pflegten, festigten
die Herrschaft; zudem machten Monarchen sich mit Wohltaten beliebt.
Einfache Bauern kamen freilich kaum je in den
Genuss solcher Gunst.
Hohe Posten wurden sowieso im Kreise der Höflinge vergeben. Wer hier dazugehören wollte, musste ein waschechter Grieche oder Makedone sein. Oft übten Frauen inoffiziell große Macht aus; Affären und Intrigen gehörten zur hellenistischen Monarchie. Dass eine Frau selbst als Regentin auftreten konnte wie die berühmte Kleopatra, die Geliebte Cäsars und Mark Antons, blieb allerdings die Ausnahme.
Hohe Posten wurden sowieso im Kreise der Höflinge vergeben. Wer hier dazugehören wollte, musste ein waschechter Grieche oder Makedone sein. Oft übten Frauen inoffiziell große Macht aus; Affären und Intrigen gehörten zur hellenistischen Monarchie. Dass eine Frau selbst als Regentin auftreten konnte wie die berühmte Kleopatra, die Geliebte Cäsars und Mark Antons, blieb allerdings die Ausnahme.
Welches Gewicht konnten Stadtstaaten in dieser
Welt, deren Großmächte Königreiche waren, überhaupt noch haben?
Überraschenderweise spielten sie in der großen Politik durchaus eine bedeutende Rolle.
Zwar konnten nur wenige - wie etwa Sparta oder Rhodos - ihre Unabhängigkeit über lange Zeit aus eigener Kraft bewahren. Viele aber schlossen sich, ob freiwillig oder nicht, politischen Formationen an, die zumindest in Griechenland ernstzunehmende Gegner der Könige wurden: den Bundesstaaten. So dehnte sich etwa der Ätolische Bund im Laufe des 3. Jahrhunderts über große Teile Westgriechenlands aus und nahm dabei viele Stadtstaaten auf, deren Bürger sich keineswegs zum Stamm der Ätolier zählten.
Überraschenderweise spielten sie in der großen Politik durchaus eine bedeutende Rolle.
Zwar konnten nur wenige - wie etwa Sparta oder Rhodos - ihre Unabhängigkeit über lange Zeit aus eigener Kraft bewahren. Viele aber schlossen sich, ob freiwillig oder nicht, politischen Formationen an, die zumindest in Griechenland ernstzunehmende Gegner der Könige wurden: den Bundesstaaten. So dehnte sich etwa der Ätolische Bund im Laufe des 3. Jahrhunderts über große Teile Westgriechenlands aus und nahm dabei viele Stadtstaaten auf, deren Bürger sich keineswegs zum Stamm der Ätolier zählten.
Auch der Achäische
Bund umfasste im frühen 2. Jahrhundert schließlich die gesamte Peloponnes.
In gewissem Maß funktionierten diese Gebilde wie
eine Polis höherer Ordnung:
Die Primärversammlung stand allen Bundesbürgern offen; sie wählte Bundesbehörden.
Daneben gab es eine Art Bundesrat aus Abgeordneten der Gliedstaaten. Man bot ein Bundesheer auf und prägte Bundesmünzen; Außenpolitik und Kriegführung waren Sache der Gemeinschaft. So häufig es auch Reibereien zwischen den einzelnen Partnern gab, maßte sich doch - anders als in früheren Zeiten - keine Stadt die alleinige Führung an. Mit ihrem doppelten Bürgerrecht und geteilter Souveränität wirken diese politischen Gebilde ganz wie moderne Bundesstaaten; die Verfassungsväter der USA haben sich durchaus mit Recht auf diese antiken Vorläufer des modernen Föderalismus berufen.
Die Primärversammlung stand allen Bundesbürgern offen; sie wählte Bundesbehörden.
Daneben gab es eine Art Bundesrat aus Abgeordneten der Gliedstaaten. Man bot ein Bundesheer auf und prägte Bundesmünzen; Außenpolitik und Kriegführung waren Sache der Gemeinschaft. So häufig es auch Reibereien zwischen den einzelnen Partnern gab, maßte sich doch - anders als in früheren Zeiten - keine Stadt die alleinige Führung an. Mit ihrem doppelten Bürgerrecht und geteilter Souveränität wirken diese politischen Gebilde ganz wie moderne Bundesstaaten; die Verfassungsväter der USA haben sich durchaus mit Recht auf diese antiken Vorläufer des modernen Föderalismus berufen.
Noch paradoxer wirkt es auf den ersten Blick, dass
die Polis als politische Organisationsform auf lokaler Ebene
auch in den Herrschaftsgebieten der Könige florierte, ja mit deren Unterstützung
sogar weit über das griechische Kernland hinaus vordrang. Der Grund, weshalb
die Polis nachgerade ein Exportschlager wurde, lag darin,
dass sie weit mehr darstellte als einen Staatstyp: Die Polis war eine Lebensform. So reich und mächtig man im Dienst
eines Königs werden konnte, nur der Stadtstaat bot die Möglichkeit, sich als
gleichberechtigtes Glied einer Bürgergemeinde zu fühlen, die durch gemeinsame
Wertvorstellungen und Verhaltensregeln geeint war.
Eigene Behörden, eigenes Recht, eigene Kulte und in
der Regel auch eigenes Militär gaben jeder Polis ihr charakteristisches Gesicht; in der gutbesuchten
Bürgerversammlung wurden weiterhin Debatten geführt, Amtsträger gewählt und
Beschlüsse gefasst. Das war Demokratie, wie die Antike sie verstand: mitdiskutieren
und mitentscheiden - alles unter erwachsenen Männern mit Bürgerrecht, versteht
sich.
Aber die Polis war auch
eine Fest- und Kultgemeinde, und wenn man in Prozessionen in die Heiligtümer
zog, um den Göttern zu opfern, waren auch Frauen und Kinder, teilweise sogar
die Fremden, dabei. Bürgertugenden wie Gemeinschaftssinn und Gesetzestreue
standen nach wie vor hoch im Kurs.
Daher erlebte das Gymnasion, der Ort, wo junge Männer nicht bloß ihren Körper trainierten, sondern auch bürgerliche Wertmaßstäbe und Verhaltensideale verinnerlichten, im Hellenismus sogar seine höchste Blüte; in die Gemeinschaft der erwachsenen Bürger wurden nur Absolventen des Gymnasions aufgenommen, und nur Gemeinden, in denen ein Gymnasion existierte, konnten den Rang einer Polis beanspruchen. Architektonisch ragten die Gymnasien als monumentale Bauten im Stadtbild hervor - Symbole einer funktionierenden Bürgerschaft.
Daher erlebte das Gymnasion, der Ort, wo junge Männer nicht bloß ihren Körper trainierten, sondern auch bürgerliche Wertmaßstäbe und Verhaltensideale verinnerlichten, im Hellenismus sogar seine höchste Blüte; in die Gemeinschaft der erwachsenen Bürger wurden nur Absolventen des Gymnasions aufgenommen, und nur Gemeinden, in denen ein Gymnasion existierte, konnten den Rang einer Polis beanspruchen. Architektonisch ragten die Gymnasien als monumentale Bauten im Stadtbild hervor - Symbole einer funktionierenden Bürgerschaft.
Zu dieser vitalen politischen Organisationsform gab
es für Griechen keine Alternative, und deshalb haben die Könige die Ausbreitung
der Polis nach Kräften gefördert. So breitete sich die
stadtstaatliche Ordnung im Hellenismus weiter aus als je zuvor in ihrer
Geschichte. Vor allem die frühen Seleukiden gründeten in Kleinasien, Syrien,
Mesopotamien und Persien Dutzende von Städten.
Aber das Modell Polis wurde auch auf Initiative der Betroffenen selbst eingeführt, denn die Anerkennung einer Gemeinde als Polis verschaffte ihren Bewohnern etliche Vorteile. Neben Rechtsprivilegien waren das vor allem bessere Chancen, im Dienst von Königen aufzusteigen. Gerade dort, wo es vorher gar keine Städte gegeben hatte, beispielsweise in weiten Teilen Kleinasiens, bildete sich nun ein dichtes Netz von Poleis.
Aber das Modell Polis wurde auch auf Initiative der Betroffenen selbst eingeführt, denn die Anerkennung einer Gemeinde als Polis verschaffte ihren Bewohnern etliche Vorteile. Neben Rechtsprivilegien waren das vor allem bessere Chancen, im Dienst von Königen aufzusteigen. Gerade dort, wo es vorher gar keine Städte gegeben hatte, beispielsweise in weiten Teilen Kleinasiens, bildete sich nun ein dichtes Netz von Poleis.
Es kam auch vor, dass uralte städtische Gemeinwesen
das griechische Modell übernahmen, etwa Tyros in Phönizien, dessen Könige im
io. Jahrhundert beim Ausbau Jerusalems zur Residenz geholfen hatten. Im frühen
2. Jahrhundert wollten dann reformwillige Juden sogar Jerusalem selbst in eine Polis umwandeln - ein Versuch, den Traditionalisten im
sogenannten Makkabäer-Aufstand ab Г66/165 vereitelten.
Die weltgeschichtlichen Folgen waren erheblich: Als Jesus von Nazareth im Jahre
30 n. Chr. nach Jerusalem kam, um dort das Passahfest zu feiern, betrat er eine
Stadt, in der nicht Griechisch, sondern Aramäisch die Verkehrssprache war. Nur
deshalb konnte er dort so rasch Anhänger finden.
Gewaltsamer Widerstand gegen eine als kulturelle
Überfremdung empfundene „Hellenisierung" blieb freilich die Ausnahme- vor allem
deswegen, weil man gar nicht erst versuchte, die dörflich organisierten Gebiete
des Vorderen Orients in die griechische Weltkultur miteinzubeziehen.
Die Bauern in Ägypten oder im Zweistromland nahmen am kulturellen Leben der Griechen kaum Anteil und führten ihr Leben wie eh und je nach einheimischen Traditionen. Ihnen war es gleichgültig, an wen sie ihre Steuern und Abgaben leisteten, solange sie nicht allzu sehr schikaniert wurden.
Die Bauern in Ägypten oder im Zweistromland nahmen am kulturellen Leben der Griechen kaum Anteil und führten ihr Leben wie eh und je nach einheimischen Traditionen. Ihnen war es gleichgültig, an wen sie ihre Steuern und Abgaben leisteten, solange sie nicht allzu sehr schikaniert wurden.
Auch die einheimischen Kulte mit ihren Tempeln und
Priestern blühten weiterhin - mit Förderung der Könige, denen missionarischer
Eifer völlig femlag. Der am besten erhaltene ägyptische Tempel - er steht in
Edfu in Oberägypten - wurde im Jahre 142 v. Chr. von einem Ptolemäer
eingeweiht. So vielfältig die Kulturbeziehungen im Hellenismus auch waren,
Griechen und Nichtgriechen lebten mehr neben- als miteinander, und die Griechen
waren in der Regel privilegiert.
Zu dieser Zeit war schon längst eine neue Großmacht
erschienen, die der unablässig von Kriegen erschütterten hellenistischen
Staatenwelt ihr Ende bereiten sollte: die Römer.
Der Grieche Polybios, der viele Jahre als Geisel in Italien verbrachte, hat mit einer Mischung aus Faszination und Erschrecken beschrieben, wie Rom die großen Monarchien des Ostens innerhalb von nur 53 Jahren, von 220 bis 168, auf den Rang von Vasallenstaaten herabdrückte.
Der Grieche Polybios, der viele Jahre als Geisel in Italien verbrachte, hat mit einer Mischung aus Faszination und Erschrecken beschrieben, wie Rom die großen Monarchien des Ostens innerhalb von nur 53 Jahren, von 220 bis 168, auf den Rang von Vasallenstaaten herabdrückte.
Kaum jemand weinte dem absolutistischen Glanz der
Seleu- kiden oder Ptolemäer eine Träne nach. Aber die Römer brachen auch den
Freiheitswillen der Griechen des Mutterlandes mit brutalem Terror, raubten
zahllose griechische Kunstwerke und trugen am Ende selbst ihre
Herrschaftsfehden in Hellas aus: Wichtige Schlachtfelder der römischen
Bürgerkriege liegen in Griechenland.
Trotzdem ist den Griechen die römische Herrschaft
auf lange Sicht nicht schlecht bekommen. Die Römer respektierten die
griechische Kultur und gliederten die Stadtstaaten des Ostens als autonome
Gemeinden in ihr Reich ein. Zweieinhalb Jahrhunderte lang konnten sie so in
vorher nicht gekanntem Wohlstand die Pax Romana genießen. Nostalgisch wurde nun
wieder die „große Zeit" der Griechen beschworen, das glorreiche 5. Jahrhundert
- dagegen blickte man auf die zurückliegende Epoche, in der griechischer
Bürgerstolz so oft gedemütigt worden war, bald nur noch missmutig zurück. Auch
die Literatur des Hellenismus galt schon in der römischen Kaiserzeit als
ungenießbar, so dass davon heute nur wenig erhalten ist.
Johann Gustav Droysen |
Kein Wunder also, dass die Zeit zwischen Alexander
und Augustus im Geschichtsbild Europas lange Zeit ein Schattendasein führte -
bis dann 1836 ein gewisser Johann Gustav Droysen den Begriff
„Hellenismus" prägte.
Seither hat sich diese Epoche mit ihrer einzigartigen Mischung der Kulturen zu einem der faszinierendsten Forschungsfelder für Historiker entwickelt.
Seither hat sich diese Epoche mit ihrer einzigartigen Mischung der Kulturen zu einem der faszinierendsten Forschungsfelder für Historiker entwickelt.
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