Τρίτη 16 Σεπτεμβρίου 2014

Mazedonisch-Hellenistische Städte: ALEXANDRIA.

Alexandria.
COLIN McEVEDY
STÄDTE DER KLASSISCHEN WELT
120 ZENTREN DER ANTIKE VON ALEXANDRIA BIS XANTEN
Die Bilder und die Textformatierungen 
sind unsere Auswahl (Yauna),

 und nicht im Text enthalten.
STÄDTE DER  KLASSISCHEN  WELT: ALEXANDRIA.
Alexandria wurde von Alexander dem Großen während seines kurzen Vor­stoßes nach Ägypten in den Jahren 332/331 v. Chr. gegründet.

Er ließ sich zwar zunächst in der alten Hauptstadt MEMPHIS zum Pharao krönen, doch hegte er wohl schon damals den Plan, dem von ihm eroberten Land eine neue Hauptstadt zu geben, deren Bevölkerung, Orientierung und Gesamtanlage griechisch sein sollten. 
Daher wurde Alexandria im äußers­ten Westen des Nildeltas positioniert, 
das heißt so nah an Griechenland,
 wie es überhaupt möglich war, ohne den Kontakt mit Ägypten völlig zu verlieren. 

Und Alexandria wurde tatsächlich nicht als »Alexandria in Ägypten«, sondern als »Alexandria bei Ägypten« bezeichnet; man kann in der Stadt durchaus mit einigem Recht eine Erweiterung Griechenlands zum Zweck der Kontrolle über das angrenzende ägyptische Territorium sehen.


Griechische Seeleute waren bekanntermaßen nur wenig geneigt, den Sichtkontakt zum Festland zu verlieren;
eine der wenigen Hochseerouten, auf die sie sich einließen, war die Überfahrt von Griechenland nach Nord­afrika.

Seit der Bronzezeit gibt es dafür Hinweise, und im 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. hatten die Griechen einige kleine Kolonien an der kyrenäischen Küste sowie Naukratis, einèn Handelsposten im Nildelta, gegründet. 

Durch die Gründung von Alexandria intensivierte sich diese Verkehrsverbindung stark, und in den meisten Fällen wurde die Route von Alexandria nach RHODOS in der südöstlichen Ägäis benutzt. Die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen den beiden Städten wurden sehr eng und lösten sich erst gegen Ende der hellenistischen Ära allmählich auf, also in der Zeit, als Alexanders Nachfolger über die Levante herrschten.

Hellenismus in Ägypten war gleichbedeutend mit der Herrschaft der Ptolemäer. 

Die Dynastie wurde von Ptolemaios I. Soter (»der Retter«) ge­gründet
einem makedonischen Feldherrn und Statthalter in Ägypten, als Alexander der Große starb. 
Im Jahr 313 war der Ausbau Alexandrias nach Auffassung des Ptolemaios so weit fortgeschritten, dass er seinen Hof dorthin verlegen konnte, und im selben Jahr wurde Alexandria dann auch offiziell Handelsstadt. Allerdings ließ auch Ptolemaios sich noch in Mem­phis zum Pharao krönen. Mit Serapis erfand er zwar einen neuen und letztlich sehr erfolgreichen Gott fur Alexandria, aber er begegnete genauso wie seine Nachfolger den ägyptischen Traditionen und Glau­bensrichtungen immer mit Respekt. Von Anfang an war die Vorstellung von Alexandria als einer rein griechischen Stadt gradueller Erosion ausge­setzt.
Doch die Anfänge Alexandrias waren auf jeden Fall rein griechisch: 
die Stadtplanung genauso wie die Bewohner.

Die Umsiedlung von Griechen­land wurde durch großzügige Subsidien in Form von militärischen und zivilen Posten sowie durch Landschenkungen gefördert.

Was für zahlreiche griechische Städte gilt, ist auch hier zu beobachten: Viele Bürger Alexand­rias suchten ihre Metropole nur selten auf, sie zogen es im Großen und Ganzen vor, auf den Landgütern zu leben, die ihnen überlassen wurden, als sie nach Ägypten übersiedelten.

Viele Landgüter befanden sich offenbar im Fayyum-Becken, wo Ptolemaios ein umfangreiches Landerschließungsprogramm umsetzte.
Ungefähr die Hälfte der uns namentlich bekannten Bürger Alexandrias hatte hier ihren Wohnsitz. Auch wenn dieser Befund wahrscheinlich nicht zuletzt darauf beruht, dass das Fayyum-Becken eine sehr beliebte Forschungsregion für Archäologen ist, lebten zweifellos nicht nur viele Bürger Alexandrias auf dem Land, ihre räumliche Entfernung von der Stadt war außerdem so groß, dass sie kaum eine nennenswerte Rolle in den städtischen Angelegenheiten spielen konnten.
Aber auch die griechischen Landbesitzer, die sich für ein Leben in der Stadt entschieden, behielten die Lebensgewohnheiten bodenständiger Gutsbesitzer bei, was natürlich mit umfangreicheren Landgütern rentabler war.
Ein solches Arrangement führte zu einem Vermögenstransfer vom Land in die Stadt, und derartige Transfers in Verbindung mit den Zuschüs­sen, mit denen die Stadt von den frühen Ptolemäern verschwenderisch bedacht wurde, addierten sich zu einer mächtigen Wachstumsmaschine­rie. Schnell entwickelte sich Alexandria zum Glanzpunkt des Mittelmeerraums, zur größten, aufregendsten Metropole, die die Welt je gesehen hatte.

Der wahrscheinlichste Kandidat für den Rang der ersten Stadt der Menschheitsgeschichte, die über 10.000 Einwohner hatte, ist daher wohl Alexandria.

Warum gerade Alexandria?
In einer Zeit, als Reichtum noch fast aus­schließlich durch Landwirtschaft erzeugt wurde, war Ägypten ein Land, in dem es außerordentlich leicht war, Rohstoffe abzuziehen.

Der Nil bil­dete eine Verkehrsader ohnegleichen: Der Fluss stellte eine direkte Ver­bindung zwischen jedem einzelnen ägyptischen Landgut und den An­legeplätzen und Lagern der Hauptstadt her. Man hatte sich hier schon an die Sitte gewöhnt, einen bestimmten Anteil der Produktion an eine fremde Verwaltung abzutreten.
Und die Ptolemäer führten in Ägypten eine Verwaltung von bislang dort unbekannter Effektivität ein. Dadurch verfügten sie über genügend Ressourcen, um eine große Stadt zu versor­gen, und es blieb ihnen darüber hinaus noch ein Überschuss an Getreide, den sie nach Ubersee verkaufen konnten.
Es heißt, die frühen Ptolemäer hätten einen Ertrag von jährlich 12 000 Talenten gehabt (zum Vergleich: ATHEN erzielte in seiner Blütezeit 1 000 Talente), und selbst die späteren Ptolemäer, die das Heft nicht mehr ganz so fest in der Hand hatten, er­wirtschafteten immerhin noch 6 000 Talente.


Alexandria hatte mehr als genug exquisite Attraktionen - 
Alexander der Grosse
Rekonstruktion der Leichenprozession nach Alexandria,
nach der Beschreibung Diodors
.

das Grab Alexanders,
den Leuchtturm,
das Museion,
die Königliche Bibliothek und das
Serapeion -,

doch zuallererst waren Besucher der Stadt überwältigt von ihrer schieren Größe.
Wie in den meisten großen Städten siedelten sich in Alexandria bald auch Minderheiten an

Am markantesten waren in einer Stadt, die sich als griechisch verstand, die Ägypter, die sich schon fast von Anfang an dazuge­sellten.

Als Nächstes kamen die Juden:

In Alexandria erstellten Juden für ihre Ortsgemeinde die erste griechische Version des Alten Testaments
(in der Überlieferung heißt es, es seien 70 gewesen, die unabhängig voneinan­der arbeiteten: Septuaginta).


Tatsächlich scheinen im 1. Jahrhundert v. Chr. die Griechen selbst eine Minderheit geworden zu sein. Die Römer, die den Griechen normalerweise wohlwollend begegneten, hielten die Bevölkerung
von Alexandria für einen Haufen Mischlinge und brachten ihnen eher Verachtung entgegen.
Der Untergang des ptolemäischen Königshauses ist eine romantische Geschichte, in der das Schicksal Kleopatras VII., der letzten ptolemäischen Herrschergestalt, zunächst mit Iulius Caesar, dann mit Marcus Antonius und schließlich, in einer letzten schrecklichen Gegenüberstellung, mit Octavian, dem zukünftigen Kaiser Augustus verknüpft war. Nach Kleopat­ras theatralischem Ende machte Octavian Ägypten zu einer römischen Provinz; diesen Status behielt das Land dann 700 Jahre lang bei.
Aus der Anlage der Stadt geht hervor, dass von Anfang an geplant war, Alexandria zu einer großen Stadt zu machen:

Die vier Wohnquartiere, die den ursprünglichen Umriss bilden, umfassen 186 Hektar, also deutlich mehr als die bewohnte Fläche des klassischen Athen.

Wir können außerdem sicher sein, dass Alexandria die ursprünglichen Absichten seines Gründers übertraf, denn später wurde ein fünftes Quartier hinzugefügt, und damit wurde das Besiedlungsgebiet auf 236 Hektar erweitert - fast doppelt so viel wie im Falle Athens. Wenn die Bevölkerungsdichte ungefähr derjenigen von Athen entsprach, dann lässt die Ausdehnung des gesamten Gebiets den Rückschluss auf eine Bevölkerung von rund 70 000 Einwohnern zu.
Wahrscheinlich war die Bevölkerungsdichte sogar höher. In einer Hand­schrift aus dem 12.Jahrhundert ist eine notitia, eine Häuserzählung aus Alexandria aus dem 3. oder 4. Jahrhundert n. Chr. erhalten, die für jedes der fünf Quartiere die Anzahl an Häusern nennt. Häufig sind Handschriften aufgrund ihres Erhaltungszustands schlecht zu lesen, doch an der Eindeu­tigkeit dieser Zahlen (5058; 5990; 2140; 5515; 5593) ist nicht zu rütteln, sie übertrifft die Vermutungen deutlich (es sollten 24296 sein, sind aber fak­tisch 47 790). Wenn wir mit demselben Bewohnerdurchschnitt von 3,6 Per­sonen pro Haus wie in Athen rechnen, würde das eine Bevölkerung von rund 87500 Menschen ergeben, eine Bevölkerungsdichte von 370 Einwoh­nern pro Hektar.


Wir haben heute keine Spuren des Bauwerks mehr, das in frühe­ren Zeiten die spektakulärste Sehenswürdigkeit Alexandrias war:
Pha­ros von Alexandria Entwurf einer historischen Architektur 
Johann Bernhard Fischer von Erlach 1721.
Der Leuchtturm stand auf der Insel Pharos und wurde auch »Pha­ros« genannt.

Im frühen 3. Jahrhundert v. Chr. wurde er fertiggestellt und ist das erste uns bekannte Beispiel dieser Gattung von Bauwer­ken, jedenfalls das erste, das speziell zu diesem Zweck erbaut wurde.

600 Jahre lang erfüllte er seine Aufgabe mustergültig: 
Er signalisierte nicht nur bei Nacht, sondern auch - aufgrund seiner Höhe - bei Tag die Zufahrt zum Großen Hafen. 

Als Symbol der Stadt war er häufig auf Münzen dargestellt, auch in Mosaiken und Steinschnitzereien taucht er gelegentlich auf. In der Spätantike dann wird er plötzlich nirgends mehr erwähnt; wahrscheinlich wurde er durch die schweren Erdbeben zerstört, die in dieser Epoche die Hafenanlage so drastisch veränderten.

Allerdings war die Geschichte des Pharos damit noch längst nicht zu Ende: Die Erinnerung an ihn überlebte die Zerstö­rung, und als die Ruinen im Lauf der Zeit weitgehend verschwan­den, ging die Erinnerung ins Legendäre über. In den Geschichten über den Pharos heißt es, er habe nicht nur wegen seiner unglaub­lichen Höhe zu einem der Sieben Weltwunder der Antike gehört.

Das eigentliche Wunder war die Statue, die sich auf seiner Spitze erhob: Sie sei von einem Erzzauberer angefertigt worden, der sie mit der Macht begabte, Schiffe zu erspähen, die noch eine ganze Tages­reise weit entfernt waren. Wenn es sich dabei um feindliche Schiffe handelte, stieß die Statue einen Warnschrei aus, der die Wachen der Stadt in Alarmzustand versetzte; sie konnten dann zu dem großen Bronzespiegel greifen, der neben der Statue stand, und ihn als Brenn­glas gegen die Schiffe einsetzen, die so töricht waren, ihre Angriffs­pläne nicht aufzugeben.

Solange diese geheimnisvolle Figur auf dem Leuchtturm stand, war die Stadt gegen Feinde, zumindest gegen die vom Meer her kommenden, geschützt. Als die Figur verschwunden war, gab es nichts mehr von vergleichbarer Macht.


Was steckt hinter solchen Geschichten?

 Ein Zyniker mag ein­wenden, es könne damit nicht sonderlich viel auf sich haben, wenn man bedenkt, dass die Liste der Sieben Weltwunder in Alexandria entstand und dass der Leuchtturm wohl eher aus glühendem Lokal­patriotismus als durch herausragende Besonderheiten in die er­lauchte Runde aufgenommen wurde.

Seine diversen Fürsprecher verweisen auf seine unübertroffene Höhe. Arabische Quellen nen­nen Werte, die 300, ja bis zu 400 Metern entsprechen, und sogar die heute favorisierte Rekonstruktion, die der deutsche Gelehrte Her­mann Thiersch im Jahr 1909 veröffentlichte, geht von einer Gesamt­höhe von 120 Metern aus.

Zwei Aspekte geben Anlass zur Skepsis. Zum einen hatten die Griechen keine Erfahrung mit hohen Bauten, und es ist äußerst unwahrscheinlich, dass es ihnen bei ihrem ersten Versuch gelang, ein Gebäude zu errichten, das fast doppelt so hoch ist wie die Türme von Notre Dame in Paris (69 Meter).
 Zum ändern gibt es an der Küste bei Abusir, 32 Kilometer westlich von Alexand­ria, ein antikes Bauwerk, von dem man annimmt, dass es eine klei­nere Version des Pharos war.
Es besteht aus drei Stockwerken, das erste Stockwerk hat einen quadratischen Grundriss, das zweite ist achteckig, das dritte rund. Am Standort des Pharos befindet sich heute ein Mamluken-Fort, dessen zentraler Wachturm eine Fläche von 30 Quadratmetern einnimmt. Wenn man sich der allgemein ver­breiteten Auffassung anschließt, es handle sich bei diesem Areal um die Grundfläche des ersten Stockwerks des alten Leuchtturms, dann wäre der gesamte Bau ungefähr 60 Meter hoch gewesen.
Dem Ruhm des Pharos tut das keinen Abbruch:
Sein Name ist in den meisten romanischen Sprachen wie etwa im Französischen (phare) und im Italienischen (faro) zur Bezeichnung für die gesamte Gebäudegattung geworden. Und an der Tatsache, dass mit diesem Namen zuerst das entsprechende Gebäude in Alexandria bezeichnet wurde, ist nicht zu rütteln.


Wenn sich die Bevölkerung Alexandrias im 4.Jahrhundert n.Chr. auf 80 000—90 000 Menschen belief, dann waren es in seiner Blütezeit unter den Ptolemäern (3. bis 1. Jahrhundert v. Chr.) mit Sicherheit mehr. Damals war auch die Insel, auf der der Leuchtturm stand, dicht besiedelt (Julius Caesar nahm im Jahr 48 v. Chr. dort 6000 Gefangene);
ebenso das Palast­viertel am Hafen, wo die Ptolemäer bis zum Ende ihrer Dynastie durch Augustus Hof hielten. Beide Bezirke waren zu der Zeit, aus der die Häu­serzählung stammt, die uns vorliegt, nicht mehr bewohnt.
Für Rhakotis - den Bereich im Süden der Stadt, auf dem sich die ägyptische Siedlung be­fand, die dann durch Alexandria ersetzt wurde - gilt wahrscheinlich dasselbe, denn dort lag der Hafen. Insgesamt ist es realistisch anzunehmen, dass die Einwohnerzahl von Alexandria um das Jahr 200 v. Chr. weit höher als 100000 lag und auf diesem Stand auch blieb, bis der mediterrane Wirt­schaftsraum im 3.Jahrhundert n.Chr. zusammenbrach.

Danach ging die Einwohnerzahl wohl allmählich zurück, doch Alexandria blieb nach der Gründung von KONSTANTINOPEL noch für einige Zeit die zweitgrößte Stadt des Römischen Reiches.
Viele vermuten, die Einwohnerzahl habe weit über 100000 betragen. Peter Frasers umfangreiche Studie zum ptolemäischen Alexandria umfasst drei Bände, was ihn zur obersten Autorität in sämtlichen Fragen macht, die das antike Alexandria betreffen.

Er hält es für denkbar,
 dass im 1. Jahr­hundert v. Chr. 
mehr als eine Million Menschen
 in Alexandria lebten. 

Er kommt auf diese Zahl, indem er von der Feststellung des Diodorus (um 60 v. Chr.) ausgeht, die Anzahl der in Alexandria lebenden Freien habe 300 000 betragen. Er nimmt an, dass sich dies auf die Anzahl der freien männlichen Kinder und Erwachsenen bezieht, die in der Stadt ansässig waren.
Man verdopple diese Zahl, um die Gesamtzahl der freien Bevölke­rung zu erhalten, und addiere 400 000 Sklaven hinzu. Für das Jahr 50 n. Chr. kommt Fraser so auf eine Einwohnerzahl von 1 500 000.
Allerdings sind Frasers Berechnungen in mehrfacher Hinsicht proble­matisch. Zum einen mussten die Griechen sich, um die Vergünstigungen zu erhalten, die als Anreiz für eine Umsiedlung nach Ägypten geboten wur­den, als Bürger einer der drei griechischen Städte in Ägypten - Alexandria, Ptolemais (eine kleinere Gründung in Oberägypten) und des winzigen Naukratis - registrieren lassen. Die große Mehrheit entschied sich für die


Die ehrgeizigen Pläne Ptolemaios’ I. für Alexandria waren nicht aus­schließlich persönlicher oder politischer Natur; er wollte Alexandria zum geistigen Mittelpunkt des gesamten Mittelmeerraums machen.
Als Ratgeber fur dieses Unternehmen wählte er Demetrios von Phaleron, der zehn Jahre lang als Statthalter des Königs Kassander von Makedonien in Athen geherrscht hatte; er wurde verbannt, als die Stadt von Demetrios Poliorketes eingenommen wurde, und be­gab sich an den Hof des Ptolemaios in Alexandria.

 Ptolemaios und Demetrios arbeiteten einen doppelten Plan aus:

Sie wollten eine kö­nigliche Bibliothek einrichten und dazu einen Kreis aus Gelehrten aller Wissensgebiete begründen, eine ständige Akademie mit dem Namen Museion: Tempel der Musen. 

Die Bibliothek sollte von jeder Abhandlung, die für die griechischen Gelehrten von Bedeutung war, eine Abschrift enthalten, und das Museion sollte jedem offenstehen, der im Bereich der Gelehrsamkeit Rang und Namen hatte.

Für das Museion gab es zwei Vorbilder in Athen: 
Platons Akade­mie und den von Aristoteles gegründeten Peripatos. 

Die für Alexan­dria einflussreichere Einrichtung war letztlich die Schule des Aris­toteles, weil in Platons Akademie fast ausschließlich Philosophen zusammenkamen.
 Die Peripatetiker dagegen orientierten sich an der Vorstellung des Aristoteles, dass alles, von der Astronomie bis zur Zoologie, eines Studiums würdig war; insofern verkörperte diese Richtung eher den Forscher- und Erfindergeist, der Ptolemaios und Demetrios vorschwebte. Das Museion sollte ein Tempel aller neun Musen sein.
Das Museion war also eine Gemeinschaft von Gelehrten, 
kein Museum in unserem heutigen Sinn des Wortes.

 Aber es war auch keine Universität. Die Mitglieder des Museions konnten, wenn sie wollten, Schüler annehmen, die für den Unterricht bezahlten, aber es gab keine regelrechte Studentenschaft.

Heute wäre das Museion wohl am ehesten mit einem Zentrum für weiterführende Studien zu vergleichen (das man wahrscheinlich auch in Deutschland heute mit dem englischen Begriff »Centre for Advanced Studies« bezeichnen würde), auch wenn die Ausstattung des Museions nach heutigen Be­griffen eher bescheiden aussah.
Wahrscheinlich versammelten sich dort kaum mehr als rund zwölf Gelehrte, die von einer entsprechen­den Anzahl von Schreibern und Dienstboten unterstützt wurden. Die Räumlichkeiten waren sicher anspruchslos: ein von Säulen ge­rahmter Hof, in dem sich die Gelehrten trafen, Nischen, in denen sie Gespräche führen konnten, und ein Speisezimmer für die gemeinsa­men Mahlzeiten. Dass sie auch im Museion wohnten, ist eher un­wahrscheinlich.
Alexandria
Der Betrieb des Museions fing vielversprechend an, weil es gelang, Euklid zu gewinnen, den berühmtesten Mathematiker seiner Zeit; wir wissen, dass er sich zu Lebzeiten Ptolemaios’I. in Alexandria aufhielt. Ein ungleich größeres Problem stellte die Bibliothek dar, weil die Beziehungen, die Demetrios zu Athen unterhielt, und die Mittel, die Ptolemaios zur Verfügung stellte, einen derartigen Zu­strom an Papyrusrollen in Gang setzten, dass es fast unmöglich war, der Handschriftenmassen Herr zu werden.
Viele Exemplare waren sicher bei ihrer Ankunft in Alexandria in betrüblichem Zustand, nur die wenigsten waren klar gekennzeichnet; es muss ein Alptraum ge­wesen sein, sie zu katalogisieren.
 Erst dann konnte ja die eigentliche Arbeit beginnen: »Standard-Editionen« zu erstellen, nachdem man die diversen Texte sortiert hatte. In der Regierungszeit Ptolemaios’ II. Philadelphos (285-247 v.Chr.) waren die Arbeiten immerhin so weit gediehen, dass es möglich war, diese Statistik aufzustellen:
Katalogisierte Bände in der Palastbibliothek                90 000

Katalogisierte Bände in der Äußeren Bibliothek         42 800

Nicht  katalogisierte Bände                                        400 000
Der Katalog selbst belief sich auf 120 Bände, was nach heutigen Standards einem Volumen von zwölf Büchern durchschnittlichen Umfangs entspräche.


Die Katalogisierung erfolgte nach einem dreigliedrigen System:

 Das erste Ordnungskriterium war die Thematik (Rechtsprechung, Philosophie usw.), dem untergeordnet die Autoren (in chronologi­scher Reihenfolge), und schließlich die (alphabetisch geordneten) Titel.
Einige Themengebiete wurden wahrscheinlich noch einmal unterteilt, etwa der Bereich »Drama« in »Tragödie« und »Komödie«.
Wer also Medea von Euripides suchte, musste wissen, dass es sich da­bei um eine Tragödie handelte, dass sie von Euripides verfasst war, und dass Euripides nach Aischylos und vor Lykophron lebte.
Uns erscheint es wesentlich näherliegend, den gesamten Katalog alpha­betisch zu ordnen, doch jeder gebildete Grieche wusste über die Autoren, mit denen er sich beschäftigte, so viel, dass er sich ohne Schwierigkeiten zwischen den Regalen der Bibliothek zurechtfand. Das eigentlich Bemerkenswerte am Katalog der Bibliothek von Alex­andria bestand im Gegenteil darin, dass es überhaupt eine alphabeti­sche Ordnung gab. Soweit wir wissen, wurde das Alphabet nie zuvor zu diesem Zweck genutzt.
Der anfängliche Schwerpunkt des Katalogs, der auch später nie ganz aufgegeben wurde, war die griechische Literatur. Die Anwe­senheit so vieler glänzender Mathematiker und Naturwissenschaftler im Museion hatte aber zur Folge, dass auch alle wichtigen Werke, die für deren Fachgebiete eine Rolle spielten, in die Bibliothek aufge­nommen wurden. Sie wurde so zu einem Bezugspunkt für sämtliche griechischen Gelehrten, unabhängig von ihrer eigentlichen Heimat. Der für sein »Heureka« berühmte Archimedes lebte zwar im fernen Syrakus, befand sich aber in ständigem Austausch mit der Biblio­thek. All seine Werke, von denen er einige sogar Gelehrten in Alex­andria widmete, fanden ihren Platz in der Bibliothek.
Der Leiter der Bibliothek zur Zeit des Archimedes war Erato- sthenes, die wohl bemerkenswerteste Persönlichkeit auf diesem Pos­ten. Er verfasste Gedichte und literaturkritische Schriften, die bei den Zeitgenossen mehr als nur durchschnittliche Aufmerksamkeit erregten; er leistete Pionierarbeit auf dem Gebiet der Chronologie,indem er ein Datierungssystem ausarbeitete, das auf dem Vierjahres-Zyklus der Olympischen Spiele beruhte und bis zum Ende der Antike in Gebrauch war; auch auf dem Gebiet der Arithmetik und Geometrie machte er sich einen Namen.

Schließlich war er der Erste, der systematisch Geographie betrieb: Er vermaß erstmals die Größe der Erde und befasste sich mit dem gesamten Fachgebiet, angefan­gen bei der Kartographie (von ihm stammt das Konzept der paralle­len Breitengrade) bis hin zur Ethnographie.
Nach Eratosthenes ging die Bedeutung der Gelehrtengruppen so­wohl in der Bibliothek als auch im Museion zurück.
Die Ptolemäer konnten immer weniger Mittel zur Verfügung stellen, und es trifft zwar ganz und gar nicht zu, dass spätere griechische Gelehrte nicht mehr so viel zu sagen hatten, allerdings war das, was sie zu sagen hat­ten, nicht mehr allzu originell. In der römischen Kaiserzeit war das Museion eine Art literarische Gesellschaft geworden, und von der Bibliothek war überhaupt nicht mehr die Rede. Es kursierte sogar ein Gerücht, dass die wichtigsten Teile der Bibliothek während der Kämpfe zwischen den Bewohnern Alexandrias und Iulius Caesar im Jahr 47 v. Chr. ein Opfer der Flammen wurden.
Allerdings ist das eher unwahrscheinlich, weil der Grieche Klaudios Ptolemaios (nicht verwandt mit dem Königsgeschlecht), der seine Werke zur Zeit des Kaisers Hadrian (117-138 v.Chr.) in Alexandria abfasste, mit Si­cherheit Zugang zu einem ausgedehnten Bestand an Schriften hatte.
Spätere Epochen sahen in Klaudios Ptolemaios den letzten Uni­versalgelehrten, eine Autorität auf den Gebieten der Astronomie, der Astrologie und der Geographie.

Noch im 16. Jahrhundert untermau­erten Gelehrte ihre Argumente, indem sie Stellen aus dem Almagest, seinem Lehrbuch der Astronomie, aus dem Tetrabiblos, seinem astro­logischen Kompendium, oder aus der Geographia, seinem wohl am stärksten rezipierten Werk, anführten. Heute wissen wir, dass die von Ptolemaios verfassten Schriften kaum etwas von ihm selbst Stam­mendes enthalten, dass er vielmehr zu einer ganz eigenen Gattung von Bibliotheksbenutzern, den Enzyklopädisten, gehörte. Entsprechend sind wir eher geneigt, die Bedeutung seiner Arbeit herunter­zuspielen.
Aber wir sollten nicht zu streng mit ihm umgehen, denn nur durch Ptolemaios ist uns das Schaffen früherer Geographen und Astronomen zugänglich. Aufgrund seines Werks kann vieles von dem, was sich in der berühmten Bibliothek befand, erschlossen wer­den, obwohl es den Ort selbst schon längst nicht mehr gibt.
Zugehörigkeit zu Alexandria, was aber durchaus nicht bedeutete, dass die Menschen dort auch lebten.

Wir wissen vielmehr, dass die Bürgerlisten (die sowohl Männer als auch Frauen sowie Kinder umfassten) die Namen vieler Griechen enthielten, die an anderen Orten in Ägypten lebten. 

Frasers Be­rechnung mag für das gesamte Land zutreffen - die Angabe stimmt offen­sichtlich mit einem Papyrus von ungefähr 40 n. Chr. überein,
 der von 1 800 00 männlichen Bürgern einer bestimmten Stadt (bei der es sich sicher um Alexandria handelt)
oder auch von 360 000 Einwohnern insgesamt spricht -, doch das bezieht sich auf die Zahl der Griechen, die in Ägypten lebten (hinzuzunehmen sind noch die 5 Prozent, die für Ptolemais und Naukratis registriert sind), und nicht auf die um einiges geringere Zahl von Griechen, die in Alexandria tatsächlich ansässig waren.

Noch in der Spätzeit des Imperiums sorgte die Diskrepanz zwischen den für Alexandria registrierten Personen und den tatsächlichen Einwohnern der Stadt für Verwirrung.

Im 5.Jahrhundert n.Chr. stellte Eusebius fest, dass das Alexandria seiner Zeit weniger Menschen in der Altersgruppe zwischen 14 und 80 Jahren umfasste als zuvor in der Altersgruppe zwischen 40 und 70 Jahren; etwas verklausuliert wird damit zum Ausdruck gebracht, dass die Bevölkerung um zwei Drittel zurückgegangen war.
Allerdings erlaubt das nicht den Schluss, dass die Stadt in dieser Größenordnung geschrumpft war - nicht einmal, dass sie überhaupt geschrumpft war, denn ein Rückgang dieser Größenordnung war die zwangsläufige Folge davon, dass es für die Griechen, die nicht in Alexandria selbst lebten, keinen finanziellen Anreiz mehr gab, sich als Einwohner Alexandrias registrieren zu lassen. Das aber geschah mit Sicherheit spätestens im Jahr 212 n. Chr., als Kaiser Caracalla jeder Person mit Ausnahme der Sklaven das römische Bürgerrecht verlieh.

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