Delacroix. Griechenland auf den Ruinen von Missolonghi. 1826 |
M.
Lascaris, «La revolution grecque vue de Salonique.
Rapports des consuls de
France et d’Autriche 1821-1826»,
Balcania 6 (1943) 145-168.
Die türkischen
Militäroperationen
gegen die Rebellen von Chalkidiki (Makedonien)
in den Berichten des österreichischen Konsuls in Thessaloniki (1821-1826).
I.
Die Insurgenten
hatten sich in beträchtliger Menge in dem ziemlich grossen Orte Polygyros
zusammengezogen und die Türken fürchteten daselbst mächtigen Widerstand zu
finden;
doch gross war das Erstaunen der grossherrlichen Truppen
als sie diesen
Flecken gänzlich von den Griechen verlassen und alles bei Seite geschafft
fanden.
Diese Ortschaft ward auch sogleich in Asche gelegt. Die Rebellen
flüchteten sich teils an Bord der zahlreichen griechischen Schiffe, welche an
den benachbarten Küsten kreutzen, mehrere zogen sich aber nach Cassandra
zurück, wo sie den Angriffen der Türken mächtigen widerstand leisten.
Das Gouvernement
fährt noch immer fort mit aller Sorgfalt die Geissein zu bewachen und hält die
bedeutenderen selbst in Ketten.
Der Makedonische Freiheitskämpfer Lassanis Georgios (1793 - 1870) |
II.
Salonik den 26.
Juli 1821.
Heute verlässt
der Gouverneur Jussuf bey diese Stadt, um das Kommando der bei Cassandra
stehenden ottomanischen Truppen zu übernehmen wo sich die Griechen fortwährend
in grösser Zahl mächtig verteidigen und verschanzen.
Der Makedonische Freiheitskämpfer Papas Emmanouil (1772 - 1821) |
III.
Salonik den 28.
August 1821.
Die in Cassandra
versammelten Insurgenten hatten hinlänglich Zeit und Eifer um sich hinter
dreifachen Laufgräben zu verschanzen, die sie mit grossen von Bord ihrer Schiffe
dahin gebrachten Kanonen besetzen; ein Teil dieser Schiffe ist aufgestellt um
die Truppen in Cassandra von der Seeseite aus zu schützen.
Fruchtlos und mit
grossem Verluste verbunden waren die von Seite der Türken auf diese Stellung
gemachten stürmische Angriffe, die besonders am 5 und 6 dieses Monats sehr
heftig und blutig waren.
Der Makedonische Freiheitskämpfer Karatasos Tasos (1764 - 1830) |
IV.
Salonik den 30.
August 1821.
Die ottomanischen
Truppen wurden von den zu Cassandra befindlichen Griechen bei mehreren
Gefechten mit Verlust sich zurückzuziehen gezwungen;
alle ihre Stürme auf die
Verschanzungen der Rebellen wurden zurückgeschlagen, denn diese letzteren
fanden neuen Mut durch die Anwesenheit von fünfzehn wohlbewaffneten Schiffen,
die zu ihrer Unterstützung herbeigeeilt sind.
Jeder Versuch von Seite der Türken,
sowohl zu Wasser als zu Lande, hatte noch immer den schlechtesten Erfolg, und
noch bedenklicher wird die häufige Deserzion unter ihren Truppen die ihre
Kommandanten verlassen und in ihre Heimat zurückkehren, da sie sich, ohne
Lebensmittel, auch nicht einmal durch einen glücklichen mit Raub und Beute
gekrönten Erfolg geschmeichelt fühlen.
Jede Verbindung
mit den benachbarten Provinzen ist noch immer abgeschnitten; dennoch vernahm
man heute dass Hadschi Bekir Pascha, der sich mit vielen Truppen nach Morea
begeben hatte, zu Larissa plötzlich starb.
Die Sache der Türken stand damals
nicht am besten.
Der Makedonische Freiheitskämpfer Ziakas Theodoros (1798-1882) |
V.
Salonik den 13.
September 1821.
Die wiederholten
Angriffe der Türken auf die Verschanzungen der Griechen bei Cassandra waren
vergebens;
es erfolgte darauf ein Waffenstillstand von mehreren Tagen.
Man
spricht jedoch die Türken seien gesonnen heute von neuem
einen allgemeinen Angriff zu machen, von dem sie sich einen guten Erfolg
versprechen; sollte auch dieser fehlschlagen, so wollen sie den Weg der
Vermitlung ergreifen, der ihnen von dem Stellvertreter des Bischofes von
Salonik angeraten wurde, welchen man hier erwartet, und welcher, wie man sagt,
beauftragt ist, sich in Unterhandlungen einzulassen, wodurch den Rebellen der
von dem Grossherrn versprochene Pardon zu Teil werde.
Indessen wurden die
griechischen Kirchen wieder eröffnet und es wurde eine bedeutende Anzahl
Griechen der geringeren Klasse in Freiheit gesetzt nachdem sie seit langer Zeit
im Gefängnis gesessen hatten.
Der Makedonische Freiheitskämpfer Naoum Panagiotis ( Das allererste Photo eines Griechen) |
VI.
Salonik den 30.
September 1821.
Der Pascha hat
die Nachricht von einem vollständigen Siege bekannt machen lassen, welchen
Jussuf bey, unterrichtet von der Landung von 600 Griechen vor Cassandra, über
diese Truppe davongetragen hat.
Die Echtheit dieser Angabe bestätigt sich durch
die Menge von hieher gebrachteten (ihrer Hinrichtung entgegensehenden)
Gefangenen, und durch die vielen blutigen Trophäen auf die das Auge überall
fasst.
An dem Tore Wardar genannt waren in allem 120 Köpfe angespiesst.
Cassandra
selbs hält sich indess noch, und fruchtlos waren alle bisherigen Versuche der
Osmanen in die sogenanten Tore von Cassandra einzudringen, wo eine bedeutende
Anzahl entschlossener Insurgenten aufgestellt ist.
Der Makedonische Freiheitskämpfer Kasomoulis Nikolaos (1795-1872) |
VII.
Konstantinopel
den 10. November 1821.
Der vormalige
Statthalter von Salonik Jussuf Pascha, Sohn des Ismail bey von Serres, ist nach
Magnesia unweit Smirna, Abdulubud Mehemed Pascha aber in gleicher Eigenschaft
nach Salonik
berufen.
Der Makedonische Freiheitskämpfer Karatasos Tsamis (1798-1861). Der General Makedoniens. |
VIII.
Konstantinopel
den 24. Dezember 1821.
Dem Pascha von
Salonik gelang es nach Einnahme der Halbinsel Cassandra auch die Einwohner von
Monte Santo und jene der Insel Thasso zur Unterwerfung zu bestimmen.
Dies
geschah durch gutwillige Übereinkunft:
Die Griechen legten die Waffen nieder
und kein bewaffneter Türke darf jene Landstriche betreten.
Die Pforte hat diese
Übereinkunft gebilligt und setzt einen grossen Wert auf die Unterwerfung des
ersteren Punktes,
da dieser als der Sitz und die Pflanzschule der griechischen
Geistlichkeit angesehen wird deren Einfluss auf das Volk im allgemeinen
entschieden und überwiegend genannt werden kann und sich auch in der neuesten
Zeitgeschichte auf diese Weise bewährte.
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